Montag, 23. März 2015

SAUMUR!

Waaaaah.... ist das schön, wieder einmal hier zu sein!

Ich sitze gerade bei einem Glas Rotwein - natürlich von den Côtes de Saumur! - auf der Insel in "meiner" Stadt und bekomme gerade Nudeln mit Wok-Gemüse serviert. Gleich geh' ich mit dem Couchsurfer noch eine Runde schauen, was sich in den elf Jahren seit meiner Abreise verändert hat. Nicht, dass ich mich an viel erinnern könnte ;-)

Morgen geht's weiter nach Tours, vorbei an "meinem" Campingplatz in Varennes-sur-Loire.

Fotos folgen:
Das Ortseingangsschild, davor Luigi und eine glücklich-geschaffte MuTZ:
Saumur, Luigi und ich.

Das Rathaus und im Hintergrund, leider nicht ganz scharf, der obligatorische "Charlie-Hinweis"
Rathaus mit Charlie-Spruch

Hinter diesen Fensterläden verbarg sich anno 2004 ein Cybercafé, wo ich viele Stunden zugebracht habe - jetzt zu vermieten:
Ex-Cybercafé zu vermieten

Über diese Brücken bin ich früher in die Stadt geradelt (im Hintergrund das Schloss) - diesmal hab ich auf der Insel übernachtet, im zweiten Haus links neben der Brücke. Loire-Blick inklusive ;-)
Regentrüber Saumur-Blick

Zieleinlauf kurz vor dem Campingplatz "Etang de la Brèche":
500m vorm Ziel

Oh ja, es hat geregnet heute, am Dienstag... 60km mit Gießkannenschauer kann ich nicht empfehlen!

Que du vent

Es ist etwas ruhiger um meine Reiseerzählungen geworden – zuerst, da es im Form von Sprachgewirr lauter um mich wurde. Da wollte ich mich lieber aufs Zuhören, Verstehen, Übersetzen und Kennenlernen neuer Formulierungen konzentrieren. Witzigerweise war deutsch dabei die untergeordnete Sprache. So saß ich am Mittwochabend in einer Kneipe in einem Raum mit mindestens 40 Landsleuten, die für einen Sprachkurs nach La Rochelle gekommen waren. Aus Platzgründen war es aber unmöglich, sich zu den Deutschen zu setzen, sodass ich letztendlich den ganzen Abend französisch und in Wortfetzen englisch gesprochen habe...

Insgesamt bin ich drei Nächte in La Rochelle geblieben und habe in diesen zuerst allein und zuletzt zu viert das Wohnzimmer des Couchsurfing-Pärchens belegt. Die beiden sind erst seit kurzem in der Stadt und erkunden sie daher selbst noch ein wenig, sodass ich mit ihr auch einen langen Spaziergang und zusammen mit den beiden Finnen einen Ausflug ins Museum der französisch-amerikanischen Beziehungen gemacht habe. Den Besuch letzteren kann ich nur empfehlen, denn da vermischt sich ein wunderschönes altes Herrenhaus mit beeindruckenden Malereien sowie anderen Kunstwerken und nicht zuletzt der – manchmal traurigen – Geschichte der „Eroberung“ Amerikas. Mir blieb so manchmal die Kinnlade offen stehen angesichts der Fakten zu Sklavenhandel und Co. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass Frankreich die Sklaverei zweimal abschaffen musste, weil Napoleon sie kurzerhand wieder eingeführt hatte?

Der zweite Grund für meine selbstgewählte Aufenthaltsverlängerung in La Rochelle war das Wetter. Ich hatte mir wirklich vorgenommen, schon am Freitag weiterzuradeln, aber mein Gastgeber kam nach dem morgendlichen Joggingausflug ziemlich durchnässt zurück in die Wohnung und erzählte, dass ihm der Wind ganz ordentlich angeblasen hat. Da ich auch immer noch einen leichten Schnupfen mit mir herumschleppte, entschied ich mich dann für einen weiteren Tag in der Stadt, beziehungsweise vor allem in der Wohnung. Nach einem Spielevormittag habe ich Gemüse und Kokosmilch fürs Abendbrot gekauft, dann kam besagter Museumsausflug und abends saßen wir in lustiger Runde, tranken Wein und Rummischgetränke, bis wir uns in den frühen Morgenstunden in unsere Schlafsäcke einrollten.

Das Wetter war dann auch in den letzten zwei Tagen nicht sonderlich gnädig mit mir. Blies mir der Wind von La Rochelle bis Marans noch allein entgegen, gesellte sich danach noch der Regen für ca. 15km mit dazu. Auf dieser Strecke konnte ich das erste Mal die Qualität meiner Regensachen prüfen – und muss sagen, ich bin sehr zufrieden! Die letzten Kilometer entlang des Flusses Vendée begleitete mich dann schon der nächste Couchsurfer aus Fontenay-le-Comte, der zuvor ein halbes Jahr kein Fahrrad gefahren war. Er war danach auch etwas geschafft ;-)

Die Vendée verdient aufgrund der guten Fahrradwegbeschilderung und einem scheinbar unergründlichen Lokalpatriotismus eigentlich einen eigenen Artikel – ich weiß nur noch nicht, ob ich dazu kommen. Lass Euch auf jeden Fall gesagt sein, dass ich bisher in keinem Departement so viele Hinweise auf die regionale Identität gefunden habe! Und für die Mathematikaffinen noch ein Schmankerl: in Fontenay-le-Comte lebte und arbeitete Francois Viète, der das Rechnen mit Variablen (wieder)“erfand“ und der damit für manche als Gründungsvater der Algebra gilt.

Meine gestrige Etappe von Fontenay-le-Comte bis Bressuire war gewissermaßen die härteste, die ich bisher absolviert habe. Zwar waren es nur etwa 60km in hügeligem, aber nicht extrem steilem Gelände – dafür hatte ich aber durchgängig Gegenwind und, noch viel schlimmer, zu wenig Wegzehrung mitgenommen. Irgendwie war ich davon ausgegangen, unterwegs schon eine Bäckerei zu finden, weil das bisher immer so gut geklappt hat. Leider hat mir aber die Bevölkerungsdichte in Kombination mit dem Wochen- und Wahltag Sonntag einen Strich durch die Rechnung gemacht. So war ich dann in St.Pierre-sur-Chemin extrem dankbar dafür, dass sich eine Brasserie fand, die mich mit Kaffee, Ziegenkäse-Panini und einem Bountyriegel für die Weiterreise versorgte.

Aufgrund des starken Gegenwinds war ich auch echt langsam und kam erst nach 18:00 Uhr in Bressuire an, wo ich auf der Suche nach Couchsurfing-Unterkünften zuvor leider noch nicht fündig geworden war. So fragte ich mich nach „günstigen Schlafmöglichkeiten“ durch die Stadt und hoffte ein wenig, eine mildgestimmte Seele möge mich mit nach Hause nehmen. Stattdessen bekam ich viel Schulterzucken und nur wenige Hinweise darauf, wo es überhaupt Pensionen geben könnte. Das einzige stadtinnere Hotel war dann auch noch geschlossen!

Letztendlich radelte ich in der Dämmerung wieder vor die Tore der Stadt, wo ein kleines Hotel namens „Les Trois Marchands“ (die drei Händler) angesiedelt ist. So kam ich denn zu meiner teuersten bisherigen Übernachtung, bei der ich mir dann aber zumindest ein Bad gegönnt habe. Jetzt sitze ich in meinem Doppelbett und überlege, ob ich zum Frühstücken zurück in die Stadt oder lieber mit frischgekauftem Brot und Obst irgendwo aufs Feld fahre. Mein Hunger spricht für die erste Version.

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind, wird mich auch heute wieder piesacken und ich begegne ich ihm mit meinem deutschen Akzent und sage „Il y a que du vent“ (es gibt nur Wind), was in französischen Ohren wie „Il y a que du vin“ (es gibt nur Wein) klingt. Denn heute abend, meine Lieben, bin ich zurück an der Loire, und das werde ich mit einem Gläschen Rotem feiern!

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