Sightseeing erstmal abgeSchlossen

Meine letzten Tage waren - abgesehen vom Spiel mit dem Regen und dem Kennenlernen neuer Couchsurfer - geprägt von dem, was ein Tourist an der Loire eben so macht: Sightseeing!

Es fing in Tours an, als mir meine Gastgeber empfahlen, statt direkt nach Blois lieber einen Abstecher zum Wasserschloss Chenonceau zu machen. Das sei wohl das Chateau, das allen ihren Gästen am stärksten beeindruckt hätte und es wäre schade, dies links (bzw. rechts) liegen zu lassen. Da das Wetter mich eh dazu drängte, regenbedingt kürzere Etappen zu planen, hab ich kurzerhand noch eine Unterkunft in der Nähe von Chenonceaux - der Ort wird witzigerweise mit x am Ende geschrieben - gesucht und bin in Montrichard, ca. 10kmwestlich des Schlosses am Flüsschen Cher fündig geworden.

Regen- und IKEA-bedingt kam ich in Chenonceaux erst kurz vor 17:00 Uhr an und erahnte das erste Mal auf dieser Reise das Ausmaß des hiesigen Sommertourismus: ein Riesen-Parkplatz, aufgeteilt in Bereiche für Busse, PKW und Fahrräder, für die mehrere Reihen "Geländer" zum Anschließen bereitstanden. Luigi hatte also die Qual der Wahl eines Pausenplätzchens, denn außer ihm habe ich weit und breit kein Zweirad gesehen...

Das Schloss selbst ist vom Parkplatz aus noch gar nicht zu sehen, denn zunächst gilt es eine Eintrittskarte zu erwerben (oder per Gästeführerausweis gratis zu bekommen), sein Gepäck (wenn man welches hat) in Schließfächern zu verstauen und dann einen Barockpark zu durchqueren. Nach ein paar hundert Metern erblickt man dann aber schon das Märchenschloss und seinen wunderschönen Park. Drinnen kann man sich ein IPhone geben lassen, auf dem mehrere Rundgangvariationen gespeichert sind - ich muss sagen, die Aufarbeitung der Geschichte in Bild und Ton hat mich wirklich beeindruckt! Natürlich bevorzuge ich nach wie vor persönliche Führungen, aber es war nicht schlecht, dass auf dem Gerät immer wieder Bilder der besprochenen Personen und Rahmenbedingungen zu sehen waren.

Katherina de Medici in Chenonceau

Schloss Chenonceau hat mich ein wenig vertraut gemacht mit der Königen um Katherina de Medici - und ausgebaut habe ich dieses Wissen einen Tag später im "Königsschloss" Blois. Hier habe ich keinen Audioguide mitgenommen, dafür waren aber die Tafeln im Zimmer sehr aufschlussreich (und in einem französisch geschrieben, dass auch Nicht-(Kunst)-Historiker verstehen). So weiß ich jetzt zumindest, in welcher Abfolge die königlichen Henris und Francois I auf dem französischen Thron saßen. Außerdem könnte ich Euch jetzt blumig erzählen, wie sich letzterer seines Widersachers Francois de Guise entledigte... aber besucht das Schloss lieber selbst, es lohnt sich!

Was mir in beiden Schlössern - Chenonceau und Blois - sehr gut gefallen hat, war das Vorgeben einer Route, auf der man die Geschichte(n) erkunden kann. So baut die Ausstattung der Räume gewissermaßen aufeinander auf bzw. orierntiert sich an den Gegebenheiten zu königlichen oder späteren Zeiten. Für die Kinder gab's in Blois auch immer wieder eine kleine Extra-Tafel, die auf bestimmte Gegebenheiten hinwies. Außerdem hatte man dort im Ständesaal extra einen kleinen Thron aufgebaut, auf dem sich jedermann und -frau fotografieren lassen konnten. Im selben Raum konnte man zudem die verschiedenen Bau-Epochen auf Video-Projektionen nachvollziehen und auf den Monitoren noch mehr Informationen erklicken. Sehr gelungen, wie ich finde!

Bei meiner ersten Besichtigung von Chenonceau ist mir eine Sache besonders in Erinnerung geblieben: ein offenes Feuer im Kamin einer der königlichen Schlafräume. Unvorstellbar, dass man so ein "Risiko" in einem deutschen Museum eingehen würde! Aber die Stimmung - und die Wärme -, die dieses Feuer ausstrahlte - einfach schön!

Echtes Feuer im Museum
Leider nur ein Handy-Bild von Museum mit offenen Kaminfeuer

Von Blois aus bin ich vor zwei Tagen weiter nach Orléans geradelt - immer entlang der Loire, vorbei am nächsten Atomkraftwerk und die letzten fünfzehn Kilometer in Begleitung eines netten Mittfünfzigers, der mit seinem 1978er-Rad in Vorbereitung auf eine kommende Radreise eine Samstagsrunde drehte. Das war eine gute Abwechslung auf dem schnellen, aber doch manchmal langweiligen Asphalt der Loire-Fahrrad-Autobahn".

Auch in Orléans hab ich ein Kulturtourismus betrieben, und zwar in dreifacher Weise: zum einen habe ich die "obligatorischen" Museen zur Lokalheldin Jeanne d'Arc besichtigt (Videoprojektionen und viiiiiele Malereien), zum anderen die katholische Messe zum Palmsonntag besucht (ich kann jetzt "Friede sei mit Dir" auf französisch sagen), und nicht zuletzt habe ich unheimlich viel von meinem peruanischen Gastgeber über sein Land und dortige Gegebenheiten gelernt. Das war unheimlich aufschlussreich und hat mich zum Nachdenken über die "Zivilisation", die Notwendigkeit (?) vom Lesenlernen und der Technisierung der Landwirtschaft angeregt...

Weiter geht's heute in Richtung Dijon, aber bevor ich dort ankomme, werde ich noch ein paar Tage durch die Bourgogne fahren - ohne Schlösser, aber hoffentlich weiter mit aufgeschlossen Menschen :-)
Mutzpapa (Gast) - 30. Mär, 11:38

Danke für die aufschlussreichen Schilderungen und weiterhin gute Reise!

Waldwuffel (Gast) - 30. Mär, 12:07

Mon Dieu, ...

... Maria in einem katholischen Gottesdienst!
Da wird eine Erinnerung wach: Paris, April 1993, letzte Klassenfahrt, abends auf den Montmartre, alle anderen bummeln durchs Viertel und ich schlüpf aus reiner Neugier in den Gottesdienst in der Sacré-Cœur. Noch heute hab ich das "Oh Seigneur!" in den Ohren...

Sturmwind und Regen sind inzwischen auch hier in Dresden angekommen und haben gestern schon in ganz Deutschland gewütet und so einiges umgeschubst. Dir wünsche ich eine gute Weiterfahrt, lass dich vom Wind nicht verwehen, sondern lieber schieben!

Waldwuffel (Gast) - 30. Mär, 12:10

PS: In Frankreich etwas über Peru lernen, das Couchsurfuingkonzept gefällt mir immer besser =)

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Danke für den Artikel....
Danke für den Artikel. Er trifft m.E. so manchen Nagel...
Waldwuffel (Gast) - 4. Mär, 22:04

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Zuletzt aktualisiert: 29. Mär, 15:03

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