Dienstag, 17. September 2013

KWahl...

Als ich 13 war, wollte ich die Welt erobern und insgeheim Deutschlands erste Kanzlerin werden. Frau Merkel ist mir da zuvorgekommen und da ich mit meinem Mathematikstudium nur als seichte Nachahmerin dastehen würde, habe ich dieses Ziel vorerst aufs Eis gelegt. Um genau zu sein, habe ich Politik im allgemeinen für mich eingefroren und nehme mir immer nur häppchenweise politische Debatten aus der Tiefkühle.

Das derzeitige Häppchen heißt Bundestagswahl und macht mich leider überhaupt nicht häppy.

Anstatt wie die vergangenen Mal einfach eine Partei zu wählen, die ich als geringes Übel und für damalige Belange in einigen Punkten visionär betrachtete, habe ich mich diesmal mit Wahlprogrammen beschäftigt - zumindest denen, die ich innerhalb von 20-30 min auf der jeweiligen Homepage überfliegen konnte (alles andere empfinde ich als "Verstecken" von Inhalten). Danach war ich gar nicht mal so unzufrieden, denn fast jede Partei hat in Ihrem Wahlprogramm ein paar sinnvolle Ideen, die dem Gemeinwohl auf die Sprünge helfen können. Soll heißen: wenn ich einige Abstriche in Kauf nehme, gibt es Politiker, die meine Standpunkte vertreten und somit wählbar sind.

Doch was mich bei diesem Wahlkampf, bei der ich mich zum ersten Mal nicht nur auf weitläufiges Hörensagen und Freundeskreisdebatten verlasse, schockiert, ist die mediale Auseinandersetzung der Parteien. Ich habe ehrlich gesagt noch NIE eine Polit-Talkshow von Anfang bis Ende gesehen und als ich am Sonntag durch Zufall bei Jauch hängenblieb, war ich einfach nur entsetzt: da saßen fünf "Spitzenpolitiker", von denen jeweils zwei bis drei sehr ähnliche Standpunkte vertreten haben, und die haben sich einfach nur... ja, zerfleischt. Man unterbrach sich gegenseitig, sprach über den anderen hinweg, lachte sich aus, zitierte fünf Jahre alte Kamellen und vergaß darüber die Inhalte. Herr Jauch saß daneben und konnte offensichtlich nicht mehr ironisch drüber lächeln - Einhalt gewähren konnte er schon gar nicht.

An vielen Streitpunkten merkte man: es geht gar nicht um die Wahlprogrammpunkte, sondern wie wer mit wem koalieren oder eben nicht koalieren kann. Bisher dachte ich immer, das wäre eine Frage von politischer Übereinstimmung. Als die Grüne dann aber sagte, die Linke würde mit jedem Stimmenfang soziale Programme verhindern, konnte ich nur müde lächeln. Als es um Zweitstimmenspekulation ging, war mir eher zum Heulen. Warum zum Teufel wählen Leute "taktisch", wenn es doch eigentlich um Inhalte geht? Wie kann ich einer Partei meine Stimme geben, die nicht am meisten mit meinen Standpunkten übereinstimmt? Und warum schließen einige Parteien das Miteinander mit anderen aus, ohne eine nachvollziehbare Begründung dafür zu geben?

Doch nicht nur die Unkultur der sonntäglichen Jauch-Debatte macht mich nachdenklich - auch in der Zeitung stehen in letzter Zeit Zahlendrehereien und Verhaltensanalysen einzelner Personen. "Wenn der mit dem, dann die mit jenem, unter der Voraussetzung dass dingsdangsbums." Stinkefinger mögen die Leute nicht. Stinkefinger ist Leuten egal. Kahlo spielen ist netter als Stinkefinger und Allesbeimaltenbelassen wenigstens glaubwürdig. Aha. Und worum geht es den Parteien eigentlich?

Wem ist eigentlich aufgefallen, dass vor zwei Jahren unablässig über die Piraten berichtet wurde und nun überhaupt nicht mehr? Woher kommt eigentlich plötzlich die AfD und womit hat sie sich verdient gemacht, an sechster Stelle in den Medien erwähnt zu werden? Wo ist die klare Gegenüberstellung der Standpunkte der Parteien? Der Wahl-o-mat ist mein einziges Wahl-o-rakel.

Leute, bitte geht wählen! Bitte lest Euch die Programme durch und wählt genau die Partei, die Euren Standpunkt am meisten vertritt. Vergesst Spekulationen und Co. - wählt den, der Eurer Meinung eine Stimme gibt. Meinetwegen auch CDU.

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Danke für den Artikel....
Danke für den Artikel. Er trifft m.E. so manchen Nagel...
Waldwuffel (Gast) - 4. Mär, 22:04

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