Frisch verMuTZt
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MuTZelchen
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2019-03-29T14:03:35Z
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2000-01-01T00:00:00Z
Frisch verMuTZt
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Ge*ä*ndert.
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022664314/
Lang, lang, ja wirklich laaaaaaaang ist es her, seit ich in diesem Blog das letzte Mal etwas geschrieben habe. In der Zwischenzeit habe ich fleißig studiert, hospitiert, praktiziert, dabei auch mal doziert, natürlich einiges ausprobiert, herumphilosophiert, und schließlich hat man mich das erste Mal in meinem Leben staatsexaminiert. Das habe ich nicht unterminiert, höhö...<br />
<br />
Nun habe ich mir als zweites Lehramtsfach ganz bewusst eine Sprache rausgesucht, und war anfangs felsenfest davon überzeugt, dass mich die Linguistik in ihren Bann ziehen würde. Das erste Jahr war ich in diesem Bereich auch wirklich fleißig unterwegs, bin dann aber müde geworden und habe entgegen meiner Überzeugung festgestellt, dass ich mich wohl doch eher den Kultur- und Literaturwissenschaften vertiefen möchte. Natürlich nur soweit, wie es das Lehramtsstudium vorsieht - aber selbst das entspricht mehr als dem üblichen fachlichen Fremdsprachen-Bachelor. Interessanterweise stieß ich nun ausgerechnet im literarischen, später auch im bildungswissenschaftlichen Bereich auf ein Thema, was ich früher wohl eher der Linguistik zugeordnet hätte: "Geschlechtergerechte Sprache", oder auch: Gendern.<br />
<br />
Ich muss zugeben, dass ich - wie sehr viele Nicht-Geisteswissenschaftler, inbgeriffen natürlich auch Nicht-Akademiker - dem Gendern grundsätzlich erst einmal skeptisch gegenüberstand. Dabei erinnere ich mich zum Beispiel an ein nettes Gespräch im Eine-Welt-Laden, an dessen Ende mich die Mitarbeiterin fragte, welchen Beruf ich habe, und mich nach meiner Antwort darauf hinwies, doch besser "MathematikerIN" zu sagen. Bis dato hatte sich noch nie jemand daran gestört, ob ich mich im Rahmen meiner Berufsbezeichnung auch gleich geschlechtlich oute. Damals empfand ich das als Besserwisserei.<br />
<br />
Heute kenne ich viel mehr, wenn nicht fast alle Argumente der Gender-Befürworter und zu meiner Skepsis ist Verständnis gekommen. Verständnis dafür, dass sich einige Frauen nicht "mitgemeint" fühlen. Dafür, dass sie sich ggf. dadurch benachteiligt fühlen. Dafür, dass man tatsächlich eher an männliche Beispiele denkt, wenn ein Wort mit dem grammatisch männlichen Artikel daherkommt (Deutsche denken sich bei der Sonne eher eine Frau, Franzosen bei "le soleil" einen Mann). Dafür, dass die Erreichbarkeit von Berufen durch die Hervorhebung der weiblichen Form für Kinder deutlicher wird als ohne (so herausgefunden in einer der Studien, die ich dazu gelesen habe). Dafür, dass es Menschen gibt, die mit Gendersternchen* noch weitere Geschlechter "sichtbar" machen wollen.<br />
<br />
Kurzum: Verständnis für die Wahrnehmung anderer und die daraus sinnvolle Konsequenz, wie diese Menschen ihre Sprache handhaben wollen. Dafür, dass sie aktiv an der Veränderung von Sprache mitwirken wollen. Und genau an dieser Stelle fügt sich von meiner Seite auch weiterhin Skepsis und Unverständnis an.<br />
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Skepsis, ob Geschlecht in unserer heutigen Gesellschaft durch sprachliche Kennzeichnung nicht mehr Gewicht bekommt als es haben sollte. Skepsis, ob man es nicht auch übertreiben kann und Bedeutung durch Partizipienbildung ("Studierende" statt "Studentin/Student", noch besser: Bankraubender statt Bankräuberin/-räuber) eben nicht eins zu eins beibehalten kann. Skepsis, ob die vermeintliche Lösung der Doppelnennung "Kundinnen und Kunden" nicht die nächste Genderdebatte (wer wird zuerst genannt?) entflammen könnte. Skepsis, ob nicht-geschlechtliche Bevölkerungsgruppen auch plötzlich "sichtbar gemacht werden wollen", weil sie sich nicht mitgenannt fühlen. Überspitzt formuliert hieße das in letzter Konsequenz: "Sehr geehrte Damen und Herren aller Hautfarben und Bundesländer sowie aus dem Ausland, liebe Rollstuhlfahrer*innen und Blinde..." Skepsis, ob durchgängig gegenderte Texte vereinbar sind mit dem Anliegen einfacher Sprache, die Texte für Leseschwache und Deutschlernende leichter zugänglich macht.<br />
<br />
Unverständnis entwickle ich denjenigen gegenüber, die Menschen anderer Meinung - ob Genderbefürworter oder -gegner - als dumm, arrogant, selbstverliebt, uninformiert usw. darstellen. Unverständnis gegen Argumente, die mit einer Diffamierung einer Bevölkerungsgruppe ("alte weiße Männer") beginnen. Unverständnis, wenn man das Recht, was man für sich selbst einfordert (z.B. auf Ansprache als "X", "in",...) anderen vorenthält (... siehe mein Gespräch oben, ich habe mich damals gern als "MathematikER" bezeichnet). Unverständnis, warum man nach Meinungsumfragen, Rechtssprechungen und weiteren Abbildern der AKTUELLEN öffentlichen Meinung, die eher skeptisch gegenüber geschlechtergeschlechter Sprache scheint, trotzdem auf Teufel komm raus Sprache "von oben", das heißt per Gesetz und Verfügung, ändern will.<br />
<br />
Nach all den Seminaren, Artikeln, Unterhaltungen und einigen Stunden eigenen Nachdenkens habe ich für mich beschlossen, dass ich im persönlichen Umgang mit Freunden, die gendersprachsensibel sind, ebenfalls Sensibilität zeige und dort eher geschlechtsneutrale Formulierungen wähle, vor allem wenn es sie betrifft. Ich habe entschieden, dass ich im Unterricht eher "alle" statt "jede/r" sagen möchte und, wo es geht, bei Rechenbeispielen auch mal Männer und Frauen in nicht-stereotypen Tätigkeiten einsetzen werde (z.B. "Papa kauft ein", "Die Bauingenieurin XXX will berechnen..."), und bei der Thematisierung von Berufen ebenso die Erreichbarkeit für alle deutlich machen will. Lieber wäre mir ehrlich gesagt, auf die Geschlechtsangabe in Aufgaben komplett verzichten zu können. Vielleicht werde ich sogar ab und zu ein Gendersternchen verwenden, Doppelnennungen nutzen. Aber ich werde sicher nicht alle verfügbaren Aufgaben ohne gegenderte Sprache aussortieren - dann lieber mal ein Bildchen von Ärzten (rein männlich) durch ein Ärztebild mehrerer Geschlechter ersetzen. Denn nicht nur Sprache prägt Denken, sondern auch Realität prägt Sprache.<br />
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Ich finde Sprache nach wie vor faszinierend, unter anderem weil sie sich dauernd verändert, und das nicht nur im Hinblick aufs Geschlecht. Allerdings bin ich sehr skeptisch gegenüber Sprachwandel "von oben" - ich erinnere dabei daran, wie der Begriff "Mädel" gesellschaftsfähig gemacht wurde! Wenn Gendern tatsächlich eine praktikable Lösung für Sichtbarkeitsdebatten ist, braucht es keine Sprachgesetze, dann setzt sich die Praxis von selbst durch gute Beispiele und ihre Nachahmung. Insofern, liebe Genderer und Gendererinnen: schreibt, bloggt, redet weiterhin geschlechtergerecht! Fühlt Euch nicht angegriffen von unsachlichen Debatten - reagiert aber auch nicht mit unsachlichen Argumenten, sondern lasst anderen ihre Wahrnehmung (wie zum Beispiel: "ich fühle mich durchaus mitgemeint"). Lasst andere schreiben, wie sie wollen und zeigt ihnen lieber anhand eigener Texte, wie praktikabel gegenderte Zeilen doch sein können.<br />
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Und wer weiß, vielleicht hat sich in ein paar Jahren die gesellschaftliche Spannung dieses Themas ge*ä*ndert ;)
MuTZelchen
Kurioses & Erkenntnisse
Copyright © 2019 MuTZelchen
2019-03-29T12:38:00Z
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RECODE.
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022596124/
Vor ein paar Monaten wachte ich nachts um drei auf und hatte das letzte Bild, oder besser das letzte Wort aus meinem Traum immer noch vor Augen: "RECODE." stand da in bester Schreibmaschinenschrift - und ich wusste auch sehr gut, wo dieses Bild herkam. Die letzten Tage vor dieser Nacht hatte ich mich auf Arbeit mit dem Statistikprogramm SPSS beschäftigt und diesen Befehl, der Variablen umbenennen soll, immer wieder ausgeführt. Ich hatte die Aufgabe, Daten zu sortieren, anzuordnen, fehlerhafte Werte ausfindig zu machen, um Hinweise geben zu können, ob und wie diese berichtigt werden können... eine klassische Aufgabe für Datenjongleure, als der man als Mathematiker gern eingesetzt wird.<br />
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Im Gegensatz aber zu anderen Begriffen und Befehlen, die mir im letzten Jahr am Computer begegneten, brannte sich "RECODE." in jener Nacht bedeutungsvoll in meinem Hirn ein. Ich erinnerte mich daran, wie ich früher immer vom Minesweeper-Spielen geträumt und in der Konsequenz daraus die Windows-Spiele von meinem Rechner gelöscht hatte. Daran, wie ich im Studium jede zu programmierintensive Vorlesung gemieden hatte, weil mich die Arbeit vor der Konsole tatsächlich eher frustiert als erfreut hatte. Und nun saß ich Tag für Tag vor der Kiste und träumte von SPSS-Befehlen. RECODE. Aus alt mach neu. "Du musst einfach nur zufrieden damit sein, sei geduldiger, MuTZelchen!" Leicht gesagt.<br />
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War keine gute Nacht, die da. Und die Nächte danach auch nicht unbedingt.<br />
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RECODE. Im Gegenzug zu Variablen lassen sich Lebenswege nicht einfach von heut auf morgen umschreiben. Gerade für große Veränderungen braucht man meistens ziemlich viel Zeit. Und Geduld und Gelassenheit - meine "Spezialitäten" ;)<br />
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RECODE. Im Leben verlieren manche Variablen auch einfach einen Namen, ohne einen neuen zu bekommen. "Lieblingsessen" zum Beispiel früher der Kaiserschmarren und ist jetzt eine Wolke von Leckereien, aus der sich nichts als neuer Favorit herauskristallisiert. "Lieblingsmensch" ist auch grad frei...<br />
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RECODE. Gib dem Leben eine neue Bedeutung. Ich versuch's also nochmal: zurück an der Uni, Lehramtsstudium trotz Angst vorm Scheitern wieder aufgenommen und nun den Kopf füllen mit Sprache, Literatur, Kommunikation, Didaktik und sogar neuen Aspekten der Mathematik.<br />
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RECODE. Benenne das Gefühl "Angst" um in "Anspannung". Reagiere darauf nicht mit einem weiteren RECODE. <br />
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Kurzum: ich hab in den letzten Monaten ziemlich viele RECODE.s erlebt - teils selbst initiiert teils fremdprogrammiert - und versuche jetzt erstmal, die neuen Variablen zu ordnen und klarzukommen. Vielleicht gehört auch der Blog wieder dazu.
MuTZelchen
Leben
Copyright © 2016 MuTZelchen
2016-11-16T15:45:00Z
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Ich habe rassistische Gedanken. Und fünf Thesen.
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022549191/
Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Vielleicht hiermit:<br />
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"Ich habe rassistische Gedanken." <br />
Und: "Ja, ich wohne in Dresden."<br />
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Reicht, um das gängige Sachsen-Klischee zu bedienen, ne? Dann können alle, die nach Klischeebestätigung gesucht haben, jetzt aufhören zu lesen. Ich mach mal weiter mit den Thesen:<br />
<br />
<b>1) Wir alle haben rassistische Gedanken. Ein Rassist ist aber der, der daraus Handlungen ableitet.</b><br />
Was sind eigentlich rassistische Gedanken? Ich würde sagen, es sind Vorurteile in Bezug auf Herkunft oder Rasse, so wie sexistische Gedanken Vorurteile in Bezug auf Geschlecht und Sexualität enthalten. Beide Debatten - die über Rassismus und Sexismus - werden emotional geführt, enthalten teils hohe Erwartungen an das korrekte Verhalten aller Beteiligten und können übertrieben werden. Stichwort "*innen", Stichwort "Negerpuppe", Stichwort "die Juden". Stichwort "Was darf ich eigentlich noch sagen?". Und was <i>denke</i> ich überhaupt?<br />
<br />
Die Ja-Aber-Menschen, die ihre Sätze gern mit "Ich bin kein Nazi" beginnen, haben sicher - so wie ich - rassistische Gedanken. Und ich finde das verständlich, ich finde das sogar okay. Denn, mal ehrlich, denkt nicht jeder Deutsche beim Anblick eines andersfarbigen Mitmenschen erstmal ganz kurz an ein anderes Land und fängt an, Assoziationen mit eben diesem anderen Land abzurufen? Wenn dem nicht so wäre, würde das heißen, dass wir an die Anwesenheit Andersfarbiger so stark gewöhnt sind, dass sie uns nicht mehr als "anders" auffallen. Also im Prinzip auch nicht "andersfarbig" sind. Comprende?<br />
<br />
<i>[Hier kommt der nicht-sachliche, emotionale Part:]</i><br />
<br />
Der erste Freund, den ich meinen Eltern vorgestellt habe, war schwarz. Und Sorbe. Und Schlagzeuger, by the way. Ich habe keine Ahnung mehr, woran ich gedacht hab, als ich ihn kennengelernt habe - aber zum Zeitpunkt unserer Beziehung sicher nicht an ferne Länder. <br />
Ich habe - in Dresden - mit Menschen aus Spanien, Rumänien, Russland, Tschechien und Italien zusammengelebt, in Tübingen mit einem Ägypter, in Frankreich zusammen mit Niederländern und Engländern gearbeitet und habe bzw. hatte enge Freundschaften mit Leuten aus Griechenland, Japan und den USA. Ich bin in Frankreich couchsurfend umhergereist und dabei nicht nur bei Franzosen, sondern auch bei einem italienisch-niederländischen Pärchen, einem Marokkaner und einem indigenen Peruaner übernachtet. Im Gegenzug hat meine Couch auch schon Franzosen und einen Litauer beherbergt. Kurzum: ich glaube, ich bin ziemlich weltoffen. <br />
<br />
Und trotzdem fühle ich mich "anders", wenn mir an der Haltestelle, im Bus oder in der Kneipe ein Mensch begegnet, der aus einem fremden Kulturkreis kommt, zum Beispiel aus nordafrikanischen Ländern. Ich unterhalte mich unheimlich gern mit Menschen aus anderen Kulturen - und speziell bei Nordafrikanern habe ich die Erfahrung gemacht, dass meistens wesentlich schneller nach einer Telefonnummer gefragt wird, als ich das von Deutschen oder "westlich" geprägten Europäern gewohnt bin. Dass ich viel eher gefragt werde, ob ich verheiratet oder in einer Beziehung sei und wenn ich verneine, dann sehr schnell die "Aber Du bist doch so eine schöne Frau"-Phrase gedroschen wird. Auf der einen Seite ist mir das unangenehm, auf der anderen Seite verstehe ich, dass es einfach kulturell bedingt anders ist. Keiner, mit dem ich geredet habe, hat bisher auch nur ansatzweise Avancen gemacht, körperlich zu werden. Aber: ich habe dieses Verhalten im Hinterkopf und "erwarte" es quasi, wenn ich einem vermeintlichen Nordafrikaner begegne. Das ist ganz klar ein Vorurteil aufgrund der Herkunft eines Menschen, aka ein rassistischer Gedanke. Bin ich jetzt Rassist?<br />
<br />
Ich glaube nicht, dass wir uns von Vorurteilen bzw. Gedanken aufgrund des Aussehens des Gegenübers komplett lösen können, und das heißt im Umkehrschluss, dass wir nicht vollkommen frei von rassistischen Gedanken sein können. Allein das Bewusstsein, dass wir rassistisches Gedankengut in uns tragen, ist vielleicht auch ganz gut. Damit können wir immer wieder frei wählen, inwiefern wir auf die inneren Vorurteile reagieren, ob wir die Schublade füllen und schließen oder vielleicht offen lassen, um gegebenenfalls den Einsortierten wieder herausholen zu können.<br />
<br />
Allein der Fakt, dass ich mich (männlichen) Nordafrikanern gegenüber etwas unsicher fühle, macht mich meiner Meinung nach nicht zum Rassisten. Im Gegenteil, vielleicht macht es mich sensibel für die Andersartigkeit des Gegenübers, über die ich ja auch manchmal mehr erfahren will. Und ja, es ändert auch mein Verhalten - aber nicht in Richtung Ablehnung, sondern eher in Richtung "freundliche Vorsicht", die sich sehr oft in Wohlgefallen auflöst. Bei anderen optischen oder akustischen Eindrücken verändern meine Vorurteile mein Verhalten sogar in eine positive Richtung, zum Beispiel bei "südostasiatischen" Gesichtern, schwedischen Akzenten, Jeans-und-T-Shirt-Männern... dann will ich oft automatisch mehr über den anderen wissen und bin vielleicht einen Zacken freundlicher als beim Nullachtfuffzehn-Straßenköterblondschopf mit Gelfrisur und Karohemd (das saß, was?). Ist das dann positiver Rassismus?<br />
<br />
Wenn wir gar nicht mehr vom Äußeren her auf die Herkunft anderer schließen würden, entginge uns dann nicht auch der Ansatz für kulturelle Austausche? Ich traue mich ja schon gar nicht mehr, Menschen anderer Hautfarbe ohne Akzent zu ihrer Familiengeschichte zu fragen, aus Angst vor unterstelltem Rassismus. Dabei freue ich mich selbst sehr, wenn mich Leute aufgrund meines Dialektes oder (im Ausland) Aussehens nach meiner eigenen Herkunft fragen... wo beginnt rassistisches Verhalten und wo hört es auf? Vielleicht ist Rassismus nicht nur schwarz-weiß, sondern hat ebenso Graustufen? Und vielleicht sollten wir vermeintlichen Rassisten eher klar machen, dass man aus "Der-ist-fremd"-Gefühlen nicht immer eine Abwehrhaltung ableiten muss?<br />
<br />
<b>2) Sachsen "ist" nicht rechts. Aber Sachsen hat sehr wohl ein rechtes Problem.</b><br />
Dieser Punkt ist ziemlich einfach: Menschen mit tatsächlich rechter und (verhaltens)rassistischer Gesinnung sind in Sachsen in der Minderheit. Es stimmt leider, dass diese Minderheit größer ist als die rechte Minderheit in anderen Bundesländern. <i>Und ja, das ist absolut scheiße</i>. Aber deswegen muss man das Land bzw. nicht alle dort lebenden Leute gleich mit verurteilen. Das erzeugt Widerwillen, Rechtfertigungsgehabe und saugt Energie, die man an anderer Stelle vielleicht besser einsetzen könnte.<br />
<br />
<b>3) Stolz und Scham sollten sich auf Dinge beziehen, die man selbst verursacht hat.</b><br />
Dieser Punkt ist streitbar, sicher. Klar kann man "stolz auf Deutschland" sein, und dann darf man sich sicher auch fremdschämen für Deutsche. Ich finde aber den Gedanken schöner, dass man nur stolz auf eigene Leistungen und beschämt über selbst verursachten Bockmist sein sollte. Verantwortung für die Handlungen anderer werde ich erst übernehmen, wenn ich Mutter oder Chef bin. Oder vielleich meine Eltern pflege.<br />
<br />
<b>4) Einen Ort meiden, weil eine Minderheit dort Scheiße baut, bedeutet Sippenhaft für die Mehrheit.</b><br />
Dies ist eine Ansage an diejenigen, die in letzter Zeit vollbrünstig mit Anti-Sachsen-Kommentaren auf diverse Artikel reagieren- so à la "Die Sachsen sollen erstmal mit Ihrer rechten Sch... klarkommen, dann fahr ich vielleicht wieder hin.":
<ul>
<li>Ihr kennt also Sachsen per Ferndiagnostik sehr gut, ja? Schade, dass Ihr Euch vor Ort nicht von der Richtig- oder Falschheit Eurer Meinung überzeugen wollt.</li>
<li>Danke für die Unterstützung bei der Verbesserung der Situation - es war schon immer leichter, allein mit Problemen klarzukommen als mithilfe von Freunden...</li>
<li>Ach, in Leipzig ist demnächst ein cooles Konzert? Und Leipzig ist ja auch eigentlich ne Ausnahme im rechtsradikalen Sachsen? Na dann...</li>
<li>Hm, irgendwie wird Sachsen momentan nicht bunter dadurch, dass Ihr und Eure bunten Freunde wegbleibt. (Und das finde ich EHRLICH schade!)</li>
<li>Wo fahrt Ihr dann im nächsten Urlaub lieber hin? Selbstfindungstrip nach Indien? Genau, da existiert ja gar kein Rassismusproblem...</li>
</ul>
Ehrlich, es nervt! Und hier habe ich auch grad wirklich keine Lust, sachlich zu argumentieren - es kann sich eigentlich jeder selbst zusammenreimen, das Vermeidung nicht zur Verständigung beiträgt. Stichwort "Wirtschaftsembargo" für wahlweise Kuba, Russland, Libyen... die Bevölkerung dort hat meist nix davon gehabt.<br />
<br />
<b>5) Nicht jeder kann sich für bzw. gegen alles und jedes engagieren. Aber eine Meinung haben und vertreten geht.</b><br />
"Ihr Sachsen, kriegt endlich Euren Arsch hoch und schaut nicht einfach zu." Gehe ich mit. Habt Ihr Recht. <br />
Aber die Art und Weise - ob per Gesichtzeigen in Facebook, Patenschaft übernehmen für Flüchtlinge, montags bei PEGIDA mit Demonstranten reden (auch das gibt's!), Plakate kleben, Plakate abreißen, Geld für bürgerschaftliches Engagement spenden oder sich für Plattenbaukinder einsetzen, damit dort rechtes Gedankengut gar nicht erst auftritt - sollte jeder selbst bestimmen dürfen.<br />
<br />
Soweit meine Meinung. Ich gebe ab an Jan Böhmermann.
MuTZelchen
Dresden
Copyright © 2016 MuTZelchen
2016-02-27T00:45:00Z
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Neulich im Buchladen
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022548176/
Ich bin ja nicht so das Shopping-Girl, aber wenn es eine Ladenart gibt, die mich immer wieder schwach werden lässt, dann sind es wohl Buchläden. Allen voran die kleinen, privat geführten, wo die Verkäufer auch tatsächlich noch Bücher und nicht nur Buchempfehlungen lesen. Und so bin ich gestern, dem aufkommenden Regen ausweichend, auf dem Dresdner Bischofsweg in ein "Modernes Antiquariat" spaziert und fand mich in einem Sammelsurium meiner bisher gelebten und geliebten Lektüre wieder... wirklich, da waren eine Menge Titel, die ich schon gelesen und meistens auch für gut befunden hatte!<br />
<br />
Aus diesem Grund verweilte ich etwas länger und versuchte, die Anordnung der Bücher zu verstehen, um dann gezielt nach einzelnen zu suchen. Ich bin nämlich gerade dabei, mein Leseregal zu Hause mit meinen Lieblingen zu vervollständigen, damit ich sie bei Gelegenheit zitieren oder Freunden ausleihen kann. Meine bisherige Bücherstrategie - kaufen, lesen, verschenken - hat bei diesen Werken nämlich immer zum Nichtvorhandensein bei akutem Bedarf geführt.<br />
<br />
Als ich das Buch also nicht gefunden habe, fragte ich beim Ladeninhaber nach Kästners "Notabene '45" und fand mich, schwups, in einer Unterhaltung über den Autor wieder. Und wie wir so zwei, drei Sätze austauschten, meinte der mit dem Buchhändler befreundete Gast ganz trocken: "Der Kästner ist in meinen Schlafzimmer geboren worden." - Ich: "Königsbrücker Str. 66?" - Er, überrascht: "Ja, vierter Stock."...<br />
<br />
Ich gebe zu, diesen Mann hätte ich gern aus Kästner-Groupie-Gründen mal in seinem Schlafzimmer besucht!
MuTZelchen
Lesen, Sehen und Hören
Copyright © 2016 MuTZelchen
2016-02-23T12:32:00Z
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Dem Kästner sein Optimierungsalgorithmus
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022547274/
"Indes sie forschten, röntgten, filmten, funkten, entstand von selbst die köstlichste Erfindung: der Umweg als die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten." - Erich Kästner<br />
<br />
Ich glaub, da geh ich mit ;)
MuTZelchen
Lesen, Sehen und Hören
Copyright © 2016 MuTZelchen
2016-02-18T05:00:00Z
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Bratapfelspezialistin
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022526991/
Neulich am Bratapfelstand, ich komme mit Kunden ins Gespräch und es ergibt sich, dass ich meinen Hochschulabschluss erwähne. Daraufhin: "Und was machen Sie jetzt?" - "Bratäpfel verkaufen." Es folgt ein leicht irritiertes Gesicht auf der Gegenseite, dann Lachen und schließlich der gute alte abgewandelte Geisteswissenschaftler-kauft-Pommes-Witz:<br />
<br />
"Was sagt ein arbeitsloser Mathematiker zu einem, der Arbeit hat?" <br />
- "Nen Bratapfel, bitte!"<br />
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Ich liebe diesen Job!
MuTZelchen
Leben
Copyright © 2015 MuTZelchen
2015-12-23T10:15:00Z
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Zurück!
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022446493/
Und das seit<i><b> zweieinhalb</b></i> Wochen... ich muss dringend berichten!
MuTZelchen
Copyright © 2015 MuTZelchen
2015-06-14T13:45:00Z
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Internetionales Weltenbummeln
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022436700/
Da sitz ich nun im "Adler Luxury Hostel" in Singapur und spuere das erste Mal seit ein paar Wochen wieder eine richtige Tastatur unter meinen Fingern. Mein Smartphone wollte mir nicht mehr weiterhelfen beim Checkin fuer den morgigen Rueckflug, also mache ich Gebrauch vom "Complimentary Laptop Use" (=Laptopangebot). Und wo ich schon mal da bin, kann ich auch gleich eine Runde bloggen...<br />
<br />
Ich war nur zweieinhalb Wochen in Malaysia und in diesem Falle kann ich das NUR noch einmal speziell betonen. Bewaffnet mit einem grossen und einem kleinen Rucksack, einem deutschsprachigen Reisefuehrer und einem internetfaehigen Mobiltelefon habe ich wahrscheinlich das typische Backpackerprogramm absolviert: Grossstadtluft und Tempelduefte in Kuala Lumpur schnuppern, Teeplantagenbesichtigung in den Cameron Highlands, Trishaw fahren in Penang, Schnorcheln und Sonnenbrand kurieren auf den Perhentian Islands und zum Abschluss noch einmal durch den Regenwald im Nationalpark Taman Negara trotten. Wandern im Stechschritt scheint mir aufgrund der feuchten Hitze nicht moeglich, mich zumindest hat das Klima ganz automatisch ausgebremst. Da freut man sich ueber jedes Tierchen, was entlang des Weges als "Ausrede" zum Anhalten herhalten kann ;-)<br />
<br />
Der Transfer von einem Ort zum anderen gestaltete sich anders als urspruenglich erwartet: eigentlich wollte ich den oeffentlichen Fernverkehr nutzen und war guter Dinge, zu diesem vor Ort auch genuegend Informationen in Form von Zeittafeln und Linienplaenen zu bekommen. Online war im Vorhinein leider nicht soviel ausfindig zu machen - und so war es dann auch im Land selbst. Die innermalaysische Zugstrecke scheint derzeit komplett eingestellt zu sein, sodass mein Traum vom Dschungelzug leider abgefahren ist. Stattdessen arbeiteten wir uns von touristischen Hoehepunkt zu touristischen Hoehepunkt in mehr oder weniger bequemen touristischen (Klein-)Bussen - Kennenlernen anderer Touristen garantiert! Eigentlich schade, dass ich so nur wenig von der echt-malaysischen Alltagskultur kennenlernen konnte. Aber vielleicht ist das auch etwas viel verlangt fuer den knappen Reisezeitraum? Wer Deutschland in zwei Wochen 'absolvieren' will, wird auch nicht komplett eintauchen koennen.<br />
<br />
Viele der anderen Reisenden waren mehrere Monate unterwegs, aber kaum einer unter ihnen hatte fuer Malaysia mehr als zwei, drei Wochen eingeplant - insofern sind meine Eindruecke wahrscheinlich sehr Backpacker-authentisch. Und so konnten wir auch als Normalurlauber unsere Erfahrungen an Langzeitreisende weiterreichen, die unsere Stationen in anderer Reihenfolge abklapperten. Im Austausch dafuer gab es Tipps fuer moegliche kommende Aufenthalte in Thailand, Kambodia und Indonesien...<br />
<br />
Waehrend dieser Reise ist mir aufgefallen, wie stark ich mich in den vergangenen drei Jahren an die Dauerpraesenz des Internets gewoehnt habe. Es gab auch in Malaysia praktisch keine Herberge, wo man nicht wenigstens ab und zu eine Internetverbindung hatte - ganz im Gegensatz zum Telefonnetz. Und so war facebook zugegebenermassen ein treuer Reisebegleiter, mit dem ich immer mal wieder kulinarische Fotogruesse in die Welt gesendet habe. Auch Bus- und Flugbuchungen wurden per Smartphone erledigt, wobei sich mein gerade mal drei Jahre altes Telefon im Vergleich zum I-Phone meiner Reisebegleitung ein kleiner stoerrischer Esel war. Den ich allerdings sehr lieb habe und nicht sofort gegen ein teures Rennpferd eintauschen moechte!<br />
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Auch - oder gerade - hier in Singapur ist das Smartphone omnipraesent. In der Metro sieht man eigentlich nur Menschen auf ihre Mini-Bildschirme starren.<br />
Doch bevor ich selbst den Tag vor einem grossen Rechner verbringe, verabschiede ich mich hiermit und mache mich auf den Weg ins singapurische Nationalmuseum...
MuTZelchen
Reisen
Copyright © 2015 MuTZelchen
2015-05-25T04:05:00Z
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Radfahren in Stuttgart
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022424475/
Vorgestern bin ich noch mal ein paar Kilometerchen entgegen der Heimrichtung nach Südwesten geradelt - es galt, einen weiteren Freund in seiner neuen Heimat kurz vor Ende der S-Bahn-Linie 6 zu besuchen. Da der Freund inzwischen der Herr Regierungsbaumeister, zugleich Luigis Baumeister und damit fahrradaffin ist, holten wir ihn und sein Drahteselchen gleich von der Arbeit in Stuttgart-Vaihingen ab. Diese kleine Radtour und die Anreise von Tübingen aus haben mir einen neuen Blick auf Stuttgart verschafft, denn bislang bin ich dort vor allem S-, U- und Eisenbahn gefahren oder zu Fuß durchs Stadtzentrum bzw. Bad Cannstatt getrottet. Das bedeutete fast immer viel Alsphaltierung entlang hoher, nicht allzu hübscher Stahlbetongebäude, dazwischen touristische Highlights und ein durch die Tallage begrenztes Sichtfeld. Klar habe ich mich auch mal gefragt, wie die Stadt wohl von oben aussieht, aber mir leider nie die Zeit für einen Ausflug dahin genommen. <br />
<br />
Insofern war meine samstagliche Einflugschneise über Stuttgart-Möhringen ein echtes Highlight: in (oder kurz hinter?) Degerloch erreichte ich einen steil abfallenden Waldpark, durch den eine Forststraße verlief, die für den nichtmotorisierten Verkehr freigegeben war. Luigi und ich rollten also langsam den Berg hinunter und erblickten dann rechterhand einen kleinen Pfad mit Radelspuren. Nichts wie rein ins Vergnügen, dachte ich mir, und fand mich wenig später stark holpernd auf einem Wellenparcours wieder, der Mountainbikern wohl eine echte Freude verschaffen würde. Luigi dagegen ächzte ein wenig und meinem und der Fahrradtaschen Gewicht... natürlich waren wir recht bald wieder auf dem Forstweg, wo wir einer kleinen Wandertruppe begegneten, die nicht übel über unser Gespann staunten.<br />
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Gleich danach ging es raus aus dem Wald, rein in die Weinhänge. Ein wunderbarer Anblick, der mich gleich wieder an die Umgebung Bordeaux erinnert hat - nur dass in Frankreich eben Wein auf flachem Land und nicht nur an steilen Stücken angebaut wird. Die Abfahrt durch das gutbürgerliche deutsche Wein- und Häuslebaugebiet war auf jeden Fall sehr schön und endete ziemlich genau am Marienplatz, den jeder Stuttgarter kennt. Danach ging's vorbei am Rathaus und dem Schlossplatz in den großen Park, der mich bis Bad Cannstatt führte. An keiner Stelle achtete ich auf Radfahrbeschilderung, da ich die Strecke ab Schlossplatz auch teilweise zu Fuß erkundet hatte.<br />
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Die vorgestrige Anfahrt nach Vaihingen jedoch war für mich Neuland und so schaute ich zunächst auf GoogleMaps nach einer geeigneten Route und stellte auf dem Weg recht schnell fest, dass es eine ausgewiesene Fahrradstrecke durch die Stadt gibt. Die Ausschilderung dieser beschränkte sich auf kleine weiße Schildchen mit gründer Beschriftung - leider ohne Nummerierung und damit nicht ganz so bequem wie in der Schweiz, aber doch ganz gut wiederzufinden. Die Wegführung selbst war allerdings... abwechslungsreich, um nicht zu sagen abenteuerlich. Bin ich aus Dresden rote Fahrradstreifen an Hauptverkehrsachsen gewohnt, führt man die Stuttgarter Radler gleich ganz von den Hauptstraßen weg. Sie werden im leichten Zickzack durch Parks, ruhigere Wege, teils auf eigenen kleinen Fahrradsträßchen am motorisierten Verkehr vorbeigeführt, wobei sie natürlich immer wieder mal die Wege der Autos kreuzen und dabei eigentlich immer das Nachsehen im Sinne der Vorfahrt haben. All dies gilt vor allem für die Stuttgarter Innenstadt - je weiter man aus dem Tal herausfährt, desto schöner und sicherer werden Wege und Aussicht. Und sogar die Mentalität der Radfahrer hinter Vaihingen (stadtauswärts) hat mich positiv überrascht: so folgten mir und meinem Radfahrgefährten mehrere PKWs auf einer kleinen Straße, ohne unser Nebeneinanderradeln anzuhupen. <br />
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Trotz dieser Rücksicht der Vorstadt-Stuttgarter bleibt ein mulmiges Gefühl, dass in diesem Ort der Fahrradverkehr als Transport- statt Sportmittel noch nicht richtig angekommen ist. Dazu begegneten mir eindeutig zu wenige Radfahrer, standen kaum geparkte Räder an den Straßenseiten und war die Radstreifenmarkierung quasi nicht existent. Schade eigentlich, denn Stuttgart bietet abwechslungsreiches Terrain - und die hiesige Industrie würde es auch ganz sicher schaffen, ihre Mitarbeiter für die Hangbewältigung mit E-Bikes auszustatten. Ich drück den Stuttgartern die Daumen, dass sich da noch was tut!
MuTZelchen
Reisen
Copyright © 2015 MuTZelchen
2015-04-28T12:10:00Z
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Erinnerungen auffrischen
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022423977/
Rottweil war auf meiner Reise der letzte "echt" touristische Zwischenstopp: ein Ort, den ich noch nie zuvor besucht hatte, in dem ich bei einer mir bis dato unbekannten Person übernachtet und neue Aspekte des Kleinstadtlebens erfahren habe. So habe ich gelernt, dass ich mich zufällig im ältesten Städtchen Baden-Württembergs befand - allerdings im demographischen, nicht im stadtgeschichtlichen Sinne.<br />
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Zum Ausgleich bin ich am nächsten Tag gleich in die jüngste Stadt des Südwestens gefahren. Eine Stadt, in und mit der ich schon durchaus ein paar Erfahrungen sammeln konnte: Tübingen. Vor fast genau einem Jahr habe ich dort versucht, mich für ein paar Monate heimisch einzurichten, mit allem was in einer Studentenstadt dazugehört: WG-Leben, Kneipenausflüge, im Park rumsitzen und lesen. Einziger Haken: ich war damals kein Student, auch nicht formal mit Promotionsvorhaben, sondern gehörte zu denen, die täglich "ins Geschäft" gehen und dort ihrer Arbeit nachgehen. Und wie es sich für das wohnungsumworbene Tübingen gehört, habe ich damals auch nicht in der Innenstadt, sondern in einem dörflichen Stadtteil gewohnt und bin jeden Tag einen kleinen, aber herrlich steilen Berg zu meinem Arbeitgeber geradelt. Eine tägliche (Tor)Tour, die mir das Selbstvertrauen für meine Frankreich-Reise gegeben hat.<br />
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Es war eigenartig (und) schön, wieder in der Gegend zu sein. Als erstes erkannte ich die Burg Hohenzollern rechterhand, später las ich die ersten Ausschilderungen für Tübingen und schließlich, hinter dem letzten Anstieg kurz vor Rottenburg, lachte mich die Wurmlinger Kapelle an, die ich früher auch jeden Tag auf dem Heimweg anschauen konnte. Die Dörfer, die ich dann durchquerte, hatte ich schon im Kopf: Kiebingen, Bühl, Kilchberg... und zuguterletzt Weilheim, meinem Zuhause für ein halbes Jahr. So war auch die WG meine erste Anlaufstelle, wo ich Schweizer Kekse und Schokolade zu Kaffee und Kuchen dazustellte. Eigentlich wollte ich gegen 19:00 Uhr bei einer Freundin im Stadtteil Lustnau sein, radelte dann aber doch erst mit dem Sonnenuntergang los.<br />
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Aus geplant einem Tag Tübingen wurden zwei, davon ein nostalgischer inklusive Ausflug zur ehemaligen Arbeitsstätte und ein zweiter touristischer mit Berliner Freundin und Museumsbesuch. Beide Tage haben gutgetan, und ich hatte wirklich keinen Bedarf, meinen Rechner herauszuholen. Dieses Bedürfnix pflanzte sich auch an den folgenden zwei Tagen fort... Stuttgart stand bzw. steht auf dem Programm, und auch hier gibt es genug Orte und Menschen, an bzw. mit denen ich Erinnerungen auffrischen möchte.<br />
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Nach einem unverhofften samstaglichen Ludwigsburg-Ausflug in "Dresdner" Begleitung war mein gestriges Tagesprogramm gespickt von alten Bekannten: mit vier Freunden aus Dresdner TU-Bigband-Zeiten ging's in den gemischt zoologisch-botanischen Garten "Wilhelma", wo wir Tieren und Kindern beim Spielen zugucken konnten, selbstgebackenen Kuchen verspeisten und ganz nebenbei noch Neuigkeiten der letzten Monate austauschen konnten. Das Wetter erwies sich als gnädig und hat uns lediglich im Gorillahaus etwas länger verweilen lassen. Nach der Verabschiedung der Karlsruhe-Augsburger Connection gab's noch einen Balkonkaffee in Bad Cannstatt und später Speis und Trank in der Stuttgarter Innenstadt. Ein wunderbarer Tag mit Freunden, vielen lieben Dank!<br />
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Da ich am Donnerstag bereits wieder in der (gaaanz alten) Heimat sein möchte und der Wetterbericht in Kombination mit meiner Etappenplanungshöchstgrenze (100km) die komplette Heimreise per Rad unmöglich macht, beende ich hiermit den offiziellen - oder vielleicht auch einfach nur ersten - Teil meiner Radfernreisear . Luigi und ich machen es uns jetzt erstmal noch ein, zwei Tage in Süddeutschland gemütlich, bevor wir uns mit motorisierten Wagen nach Hause fahren lassen. Ganz sicher ist: wir kommen wieder und fahren die letzten 500km von Stuttgart nach Dresden ganz sicher noch einmal ab!<br />
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<i>Es gibt noch vieles, über das es sich zu berichten lohnt und vielleicht lege ich hier in den nächsten Tagen auch noch ein paar Eindrücke von meiner Reise nach... wenn nicht, seid gespannt auf das nächste Abenteuer ;-)</i>
MuTZelchen
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2015-04-27T08:58:00Z
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Futtern (fast) wie bei Muttern
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022421767/
Ein kleines Anekdötchen, <i>ursprünglich</i> per Smartphone zu Blog gebracht:<br />
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Nach den anstrengendsten, aber auch eindrucksvollsten 30km meiner bisherigen Radreise kam ich gestern in Donaueschingen vorbei. Nichtsahnend traf ich auf zwei englische Fernradler, von denen einer gerade seine geplante Weltreise begann (eine Packtasche voll mit Kartenmaterial - ich bin mal gespannt, ob er den Ballast noch abwirft). Kurz darauf wurde mir klar, dass ich mich im Zentrum der Radreisetouristik befinde - in Donaueschingen "entspringt" die Donau, oder besser gesagt wurde hier ein Wasssepfützchen als Flussursprung definiert.<br />
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Nach einer weiteren Quellbesichtigung in Schwenningen radelte ich den Neckarradweg weiter bis Rottweil und frahte mich dort zum Gefängnis durch, wo - ganz in der Nähe! - mein Gastgeber wohnt. Wie ich mich so bei Passanten zum Knast durchfragte, kam ich mir ein bissl wie die Gangsternbraut vor, bis ich das niedliche Gefängnisgebäude sah, was bezeichnenderweise direkt neben der Jugendherberge mitten im Stadtzentrum liegt.<br />
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Nach einem Kaffee entschlossen wir uns, zum Abendbrot einen (vegetarischen) Döner zu holen und landeten in einem kleinen Laden in der Innenstadt. Wie ich so erzählte, dass es in Frankreich beim"Kebab" keine vegetarischen Alternativen gäbe, mischte sich der Dönermann ein und fragte, woher wir seien. Ich hatte Halloumi erwähnt und das gäbe es nur in Ostdeutschland. Ich antwortete: "Dresden," woraufhin er meinte, da hätte er sechs Jahre lang gearbeitet.<br />
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Es stellte sich raus, dass er bei DEM Dönerladen meiner Studienzeit - dem Dürüm Kebab Haus in der Dresdner Neustadt - gearbeitet hat und wir tauschten uns über Stimmung, Spezialitäten (Heike Dürüm mit Auberginen!), Mitarbeiter (Heike) und Apfeltee aus. Was hab ich mich gefreut und ich glaube, auch er fand's auch schön, über alte Zeiten zu reden. Der Döner jedenfalls schmeckte wie zuhause ;-)<br />
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<i>Fotos folgen. Rechtschreibkorrektur ist schon erfolgt.</i>
MuTZelchen
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2015-04-22T08:19:00Z
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Schland.
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022420949/
Da bin ich wieder.<br />
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Ein gelbes Schild begrüßt mich heute gegen 15:30 Uhr hinter der Brücke über die Aare und verheißt mir, dass ich mich nicht mehr im schweizerischen Konstanz, sondern im deutschen Waldshut befinde. Noch ein Blick zurück, noch ein Gedanke an die erlebten bzw. erlesenen unendlichen Möglichkeiten in der Schweiz: Alpenpanorama, Vielsprachigkeit, Flachlandgefühle im Vauder Hochland, ungeahnte Radfahrfreundlichkeit, "Kanuland Schweiz" im Aargau, Reisen auf Einsteins Spuren (Museum in Bern, Kantonsschule in Aarau), 3D-Film-Gucken auf Monsterleinwand bei den letzten Gastgebern...<br />
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Aber jetzt bin ich ja wieder in Deutschland. Noch knapp 15km zur Herberge, die diesmal nich per Couchsurfing, sondern per Elternfreundschaften entstanden ist. Da ich kein vernünftiges Kartenmaterial bei Hand habe, frage ich die Radlerin vor mir, ob sie den Weg durchs Schlüchttal kennt - und wir strampeln gemeinsam ein paar Kilometer in ihren Wohnort, von dem aus die Straße in meine Richtung führt. Meine Wegbegleiterin spricht Hochdeutsch, keine Spur mehr von Schweizer Klängen - und es fehlt auch das Badische, obwohl sie schon seit 30 Jahren hier unten wohnt.<br />
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Das Schlüchttal ist schlüchtweg schön. Ein Fluss, viele Felsen, zwei Sägewerke und ca. 500m Steigung auf gemütlichen 12km. Mensch, Deutschland ist gar nicht so schlecht!<br />
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Im Zielort angekommen, frag ich noch einmal nach dem Weg und werde nach Angabe der Zieladresse nach einem Namen gefragt. Ich nenne den Nachnamen und ernte den vollen Namen der Freundin meiner Eltern - jetzt weiß das Dorf also, dass sie Besuch von einer Radwanderin bekommt ;-)<br />
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Noch eine Kurve, ein EDEKA, ein paar Meter die Straße hinauf - und dann bin ich da. Zurück in Deutschland, in einem schönen Haus mit Kachelofen und noch verbleibender Osterdekoration am Südrand von Südbaden. Ab nun wird nicht mehr der Staat, sondern nur noch die Region gewechselt...
MuTZelchen
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2015-04-20T17:14:00Z
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Zweisprachige Zwiesprachen
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022419526/
Ich sitze in Bern am Küchentisch einer langjährigen Freundin - sie ist mit ihrer Familie gerade beim Apero den neuen Nachbarn im Stockwerk über mir zu Gast, während mir langsam bewusst wird: das war's dann mit dem Französisch! Hier ist wieder Deutsch angesagt, wenn auch nicht immer in für mich verständlicher Form. Tatsächlich fiel mir der Wechsel in meine Muttersprache mündlich gar nicht so leicht, habe doch gerade erst angefangen, Füllwörter wie "hep", "bah", "quoi", "donc" und ein bis zum nächsten Wort andauerndes "ahhhhhh" in meine Sätze einzubauen. Und das Wort "itineraire" (Reiseroute) geht mir auch erst jetzt flüssig von der Zunge!<br />
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Gottseidank hatte ich einen ganzen Tag Zeit, mich mit dem Gedanken anzufreunden - war ich gestern vormittag noch im französischsprachigen Lausanne, hab ich am frühen Nachmittag in Murten/Morat (dt./frz.) das erste Mal auf deutsch nach dem Weg zum Strand fragen müssen. Dort war ich mit meinem Fribourger/Freiburger (frz./dt.) Gastgeber verabredet, der mit einer vielsprachigen Runde junger Schweizer (erster und x-ter Generation) den Abend beim Beachvolleyball und Grillen ausklingen lassen wollte. Dabei wurde innerhalb der Unterhaltung öfter mal die Sprache gewechselt und ich bin ehrlich beeindruckt, wie gut die Schweizerdeutschen aus Freiburg und Bern französisch sprechen konnten! <br />
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Wie so vieles ist die Sprache in der Schweiz "von Kanton zu Kanton verschieden" - so gibt es fast ausschließlich französischsprachige Kantone wie den Vaud (wozu Lausanne gehört), deutschsprachige wie Bern, das italienischsprachige Tessin und eben auch einige wenige, die als mehrsprachig gelten. Dazu gehört der Kanton Fribourg/Freiburg, in dessen Hauptstadt ich gestern genächtigt habe.<br />
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Fribourg ist ein sehr hübsches Städtchen mit viel Steigung, in dem zur Überwindung der Höhenunterschiede eine Standseilbahn mithilfe von Abwässern betrieben wird. Das soll im Sommer nicht besonders gut riechen... meine Nase hat glücklicherweise keinen Wind davon bekommen ;-) Dafür haben meine Augen viel "Heimatluft" geschnuppert: ein Flüsschen, dass sich durch die Altstadt gräbt und von alten sowie einer großen, wahrscheinlich selbstmordgeeigneten Brücke überwunden werden kann. Dazu ein wenig Granit und an vielen Stellen der Stadt die zweisprachige Beschilderung der Straßen - es hatte was von Bautzen. Im Gegensatz zu meiner alten Heimat steht jedoch in Fribourg der deutsche Straßenname nicht oben, sondern untertitelt meist die französische Bezeichnung. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel, wie zum Beispiel am "Plaetzli".<br />
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<i>Einen Bern-Tag später:</i><br />
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Bilingualität ist hier in der Schweiz aber nicht nur in den deutsch-und-französischsprachigen Kantonen alltäglich, sondern eigentlich auch in sämtlichen Schweizerdeutschen Kantonen. Nicht nur, dass es unheimlich viele Schweizer erster Generation (d.h. mit immigrierten Eltern) gibt, schon die Alltagssprache hier ist deutlich verschieden vom Hochdeutschen, dass hier einfach "Schriftsprache" genannt wird. So verstehe ich ganz gern mal Bahnhof, wenn man mir in Bern schnell etwas über die Schulter rufen will. Mit einem höflichen "Ich spreche leider kein Schweizerdeutsch" entschuldige ich mich dann und hoffe, dass man mir das Deutschsein dann nicht übelnimmt. Grundsätzlich wird Deutschen nämlich geraten, ihren Heimatdialekt - und sei er noch so verschieden vom Schweizer Klang - auszuleben, das würde einen sympathischer machen. Doof nur, wenn man so wie ich nicht über einen extremen Dialekt verfügt bzw. seinen Oberlausitzer Heimatklang nicht auf Knopfdruck abrufen kann. Sächsisch imitieren werde ich hier jedenfalls nicht!<br />
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Das Schweizer Deutsch und auch der Klang der Schweizer, wenn sie Schriftsprache sprechen, gefällt mir auf jeden Fall sehr gut und es gibt Bezeichnungen, die sich mir auch aus vergangenen Reisen ins Hirn eingebrannt haben: das "Znüni" fürs Zweitfrühstück, das "Zvieri" fürs nachmittägliche Mahl und die "Hochzeiter" für die Brautleute seien nur einige Beispiele. Dazu kommt ein am Satzende eingestreutes ",oder?", dass wie wie ein ",gell?", aber viel häufiger als das sächsische ",niwahr?" verwendet wird. Anfangs wollte ich immer noch mit "Stimmt." reagieren, aber das habe ich mir inzwischen abgewöhnt.<br />
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Zwei Tage Bern also, wo noch viel mehr als zwei Zungen zahlreiche Zituationen zerlegen... schön ist's hier!
MuTZelchen
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2015-04-16T17:59:00Z
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Tags schlafen die Boote doch
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022418702/
Führte ich gestern sonnenbrandbedingt ein Schattendasein in Lausanne, so hab ich am Tag zuvor doch viel UV-Licht am Lac Leman zwischen Morges und Lausanne abbekommen. Während ich dort in Freizeitkleidung mit Freizeitlektüre beschäftigt war, sah ich mittags einige Anzugträger, die auf den Promenadenbänken ihre mitgebrachten Salate aus der Plastikverpackung gabelten und danach eine Zigarette rauchten... arme Jungs & Mädchen, dachte ich mir manchmal. Wobei - vielleicht macht ihnen der Job und die Pause am See ja auch einfach Spaß?<br />
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Arm im engeren Sinne ist hier in der Schweiz wirklich niemand, das ist durchaus zu spüren. Ein (wieder) neues Gefühl, denn in Frankreich wurde ich oft mit dem Klischee (?) des vergleichsweise reichen und wirtschaftlich prosperierenden Deutschland konfrontiert, wo "die Krise" lange überwunden ist und kaum Arbeitslosigkeit herrscht. Anfangs glaubte ich den Südfranzosen, dass die dortigen Verhältnisse etwas schlechter als bei mir zuhause standen, aber nach ein paar Wochen kamen mir doch Zweifel - hatte ich doch fast ausschließlich gut situierte Leute besucht. Das einzige, was mir in Frankreich durchaus auffiel, waren die vielen Wohnwagensiedlungen.<br />
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Letztendlich habe ich am vorletzten Frankreichtag mal die Arbeitslosenzahlen verglichen und war überrascht, dass die Franzosen <i>im Schnitt</i> eine ebenso hohe Quote haben wie - leider muss ich hier lokal eingrenzen - Ostdeutschland. Ja, ich weiß, die Arbeitslosen- bzw. -suchendenzahlen werden in jedem Staat anders erfasst, aber das waren nunmal die einzigen leicht zu recherchierenden Zahlen. Und nein, ich finde nicht, dass Frankreich ein armes Land ist. Kein Land, wo bis zu 25% Wahlergebnis für die rechtsgerichtete "Front National" durch soziale Probleme erklärbaren lassen. Ebensowenig erklärt sich mir das Phänomen PEGIDA - aber das ist wohl auch eine andere Geschichte...<br />
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Zurück in die "reiche" Schweiz: das Geld liegt hier nicht auf der Straße, sondern es steckt ganz klar in den Taschen, Straßen, Häusern und eben auch fahrbaren Untersätzen der hiesigen Bevölkerung. Interessanterweise entdecke ich hier sehr häufig Autos deutscher Fabrikation, speziell die mit dem lustigen Stern, der eigentlich eher wie ein abgewandeltes Peace-Zeichen aussieht. Frieden für Verkehrsteilnehmer, inklusive (reichlich vorhandener) Fahrradfahrer - das ist doch mal was! Das Fahrrad hat auf französisch übrigens den Spitznamen "la petite reine", was sich als "kleine Königin" übersetzen lässt. Gefällt mir seeehr gut ;-)<br />
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Was die Boote betrifft, so ging mir gestern am See ein Licht auf: wer sich ein eigenes Schiff leisten kann, muss dafür meistens tagsüber arbeiten. Wer tagsüber nicht arbeitet, hat meist nicht genug Geld für ein eigenes Boot. Und genau deswegen gibt es in schiffbaren Regionen immer viiiiiel mehr Boote <i>am</i> als <i>auf</i> dem Wasser. Schade eigentlich, könnte man doch tagsüber soooo schön über den See segeln...<br />
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<img src="https://farm9.staticflickr.com/8721/17143058361_5d1acf9770.jpg" alt="Tags schlafen die Boote doch" /><br />
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<img src="https://farm8.staticflickr.com/7616/17143053821_7742c837f1.jpg" alt="Genfer See am Sonntag" /><br />
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<img src="https://farm9.staticflickr.com/8739/16957485979_bbf4a801ce.jpg" alt="Nur fliegen ist schöner?" />
MuTZelchen
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2015-04-15T07:40:00Z
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Der kleine Unterschied
https://mutzelchen.twoday.net/stories/1022418126/
So, nun bin ich also in der Schweiz. Wasser und Alpen, wohin das Auge reicht - wenn nicht gerade ein (Hoch)Haus den Blick versperrt. Herrlich, errlich!<br />
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<img src="https://farm9.staticflickr.com/8816/17142091212_22d22f813f.jpg" alt="Spielplatz mit Stadt- und Alpenblick in Genf" /><br />
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Nach einem bummeligen Tag in Genf, bei dem ich auch ein vom Käsemacher empfohlenes Eiscafé aufgesucht habe - das Ziegenkäse-Eis gab's diese Woche leider nicht, aber meine Kostproben (Schoko, Pistazie, Ananas-Minze und Kaffee) waren auch nicht schlecht - ging es entlang des Leman-Sees in Richtung Lausanne. Immer schön neben einer Art Bundesstraße, mit durchgängiger Radstreifenmarkierung und unzähligen anderen Fahrradfahrern. 20 km vor Lausanne war ich um 18:00 Uhr am Bahnhof in Rolle mit meinen radreiseerfahrenen Gastgebern verabredet - und merkte pünktlich halb sechs, wie das Fahrgefühl schwammiger wurde... ein Platten im Vorderrad, 5km vor dem Ziel. <br />
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Statt den Platten gleich zu beheben, pumpte ich das Rad gefühlte zehnmal wieder auf fahrbaren Luftdruck auf, rollte ein paar hundert Meter und schaffte es so bis zum Strand in Rolle, wo ich mich an die Reparatur machte. Meinem Couchsurfer hatte ich noch per SMS Bescheid gegeben, sodass er hinzukam und noch ein paar Fotos von der Selfmade-MuTZ machen konnte, während sie Luigi verarztet ;-)<br />
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<img src="https://farm9.staticflickr.com/8817/16521247214_d6790ebffb.jpg" alt="MuTZ verarztet Luigi" /><br />
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Danach ging es durch die Weinhänge der Cotes de Morges ins hügelige Vorland von Lausanne, wo die Gastgeber ein Wohnung mit bestem Alpenblick angemietet haben. Die Wohnung war voll von selbstgeschossenen Fotos aus aller Welt, denn die beiden sind in den letzten 3 Jahren einmal um den Globus geradelt. Echte Radfahrfans, die mir noch gute Tipps für die Lausanne-Erkundung und die Weiterreise durch die Schweiz geben konnten.<br />
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Dass die Frankoschweiz, aka Romandie, nicht mehr Frankreich ist, merkt man außer am Alpen-See-Mix und dem Preisunterschied an kleinen Dingen: das Mobiltelefon heißt nicht mehr "portable", sondern "natel" (kommt von "<i>Nat</i>ional<i>tel</i>efon"), das Handtuch "linge" und nicht "serviette" und hier sagt man außerdem "jogurt" statt "yaourt"... das erinnert mich ein wenig an meine Campingplatzzeit in Saumur, wo ich meine amerikanisches Englisch mit britischen Ausdrücken zu würzen gelernt habe, da die Urlauber dort vorrangig aus Großbritannien kamen. Nur dass mein Englisch bei weitem besser war als es mein Französisch heute ist, sodass es mich schon etwas Mühe kostet, die Unterschiede zu (be)merken.<br />
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Gestern dann rollte ich hinunter an den See und wollte eigentlich am frühen Nachmittag meine Stadterkundung in Lausanne starten. Aber schon die Hafenpromenade in Morges war in der Sonne so verlockend, dass ich erstmal mein Buch ausgelesen, ein Mittagspäuschen gemacht und mir heftig die Schultern verbrannt habe. Den restlichen Tag bin ich von Schatten zu Schatten geschlichen, habe dabei aber so einige Sehenswürdigkeiten zu Gesicht bekommen: das Schweizer-Käse-förmige "Rolex Learning Center" der Lausanner Ingenieursschmiede, den mit Skulpturen gespickten Park um das Olympia-Museum, die Lausanner Kathedrale sowie die von Treppen und steilen Straßen gespickte Stadt Lausanne. Luigi hat mit seiner Beladung manchmal einen echten (Draht)Esel abgegeben, den man nicht mehr reiten, sondern schieben oder gar tragen musste...<br />
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<img src="https://farm8.staticflickr.com/7675/17143076861_bb2950a25a.jpg" alt="Lange Lesepause am Lac Leman" /><br />
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Da ich mein nächstes großes Ziel Bern erst am Donnerstag erreichen will (meine dortige Freundin hat an dem Tag ein Vorstellungsgespräch und ich will sie nicht vorher ablenken), habe ich mich spontan entschieden, heute einen weiteren Bummeltag einzulegen und mich hier im Schatten von meinem Sonnenbrand zu erholen. Auf dem Plan steht das "Musée d'Art Brut", in dem Kunst von psychisch Kranken ausgestellt wird. Ich bin mal gespannt.<br />
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Unterwegs werde ich sicher auch mal einen Bäcker aufsuchen und die kleinen kulinarischen Unterschiede erkunden. Eins kann ich jetzt schon sagen: Schweizer Rosinenschnecken (hier tatsächlich wieder "escargots des raisins" - Schnecken - genannt und nicht "pain du raisins" - Rosinenbrot) sind uuuunschlagbar lecker!
MuTZelchen
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2015-04-14T08:02:00Z
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